Lange Zeit spekulierte man, ob Mozart geglaubt habe, für seinen eigenen Tod zu komponieren. Erst später stellte sich heraus, dass der Auftrag von Graf Walsegg kam, der das Werk als Totengedenken für seine verstorbene Frau beanspruchen wollte. Doch Mozarts plötzlicher Tod, bevor das Requiem vollendet wurde, verlieh dem Werk eine fast mystische Aura.
Diese rätselhafte Geschichte passt perfekt zur dramatischen Musik. Das Dies Irae malt ein eindrucksvolles Bild des Jüngsten Gerichts, während das Lacrimosa tiefe Trauer und Verletzlichkeit ausdrückt. Diese Kombination aus intensiven, dramatischen Momenten und ergreifender Schlichtheit zieht Zuhörer seit Jahrhunderten in ihren Bann. Auch wenn Mozarts Schüler Franz Xaver Süßmayr das Werk nach seinem Tod fertigstellte, bleibt Mozarts Handschrift in den emotionalen Höhepunkten deutlich spürbar.
Besonders beeindruckend ist die Fähigkeit des Requiems, existenzielle Fragen nach Leben und Tod musikalisch auszudrücken. Die Musik schafft es, eine Brücke zwischen tiefem Schmerz und Trost zu schlagen, was sie zeitlos und universell verständlich macht.
Durch die unvollendete Genialität und die geheimnisvollen Umstände seiner Entstehung bleibt das Requiem ein außergewöhnliches Werk. Es ist mehr als eine Totenmesse – es ist ein musikalisches Mysterium, das bis heute bewegt und fasziniert.
Die Sinfonie Nr. 40 in g-Moll KV 550, gehört zu den wenigen Werken Mozarts, in denen er diese Tonart gewählt hat. Für ihn scheint g-Moll einen tiefen Ausdruck von Trauer und Schmerz zu verkörpern – man denke an Paminas bewegende Arie »Ach, ich fühl’s« aus der Zauberflöte oder an Constanzes »Traurigkeit« aus der Entführung aus dem Serail, die ebenfalls in dieser Tonart stehen.
Die Wahl von g-Moll hat auch unmittelbare Auswirkungen auf die Orchestrierung der Sinfonie. Mozart verzichtet auf die Besetzung von Trompeten und Pauken, da diese Instrumente in der Tonart nur begrenzt einsetzbar sind. Da Trompeten und Pauken in der damaligen Zeit vor allem für Fanfaren und eine Art Festlichkeit zuständig waren, erhält das Werk dadurch einen melancholischen Grundton, der es zu einer passenden Ergänzung zum Requiem macht. Die Vielzahl chromatischer Linien, die oft Schmerz und Leid vermitteln, verbindet die beiden Werke zusätzlich. Besonders im zweiten Satz der Sinfonie ist eine tiefe Trauer unüberhörbar.
Fertiggestellt im Jahr 1788, zählt auch diese Sinfonie zu Mozarts Spätwerken und besticht durch ihre außerordentliche Fülle an Kontrasten und harmonischer Raffinesse. Während das erste Thema vielen vertraut
sein dürfte, offenbaren auch die nachfolgenden Sätze einen faszinierenden Reichtum an Ideen und gewagten Wendungen und bilden somit ein bewegendes Vorspiel für das Requiem.
Inga Diestel